Schulterinstabilitäten – Bänder der Schulter

Die Schulterinstabilitäten

Sehen Sie hier einen Ausschnitt des Publikumsvortrages an der Merian Iselin-Klinik von PD Dr. Rosso auf Youtube:

Einführung

Grundsätzlich kann man mehrere Arten von Schulterinstabilität unterscheiden:

  •  Nach dem Zeitpunkt des Auftretens (traumatisch, chronisch, angeboren)
  •  Nach der Richtung (vorne, hinten, unten, oben)
  •  Nach dem Grad der Schulterverrenkung (komplett, inkomplett (Subluxation))

Entsprechend nach der Einteilung ist auch die Indikationsfeststellung zur weiteren Behandlung, und einer eventuellen Operation folglich komplex.

Ich versuche jedoch hier die häufigsten Arten der Schulterinstabilität zu beschreiben.
Bei Schulterinstabilität redet man vor allem von Instabilitäten des eigentlichen Schultergelenkes (Glenohumeralgelenk). Die „Schulter“ wird jedoch auch noch aus anderen Gelenken gebildet (Schultereckgelenk = AC-Gelenk, Skapulo-thorakales Gelenk, Sterno-clavikuläres Gelenk).

Anatomie

Das Schultergelenk an sich ist knöchern ein wenig stabiles Gelenk. Daher ist es auf die Führung von Bändern und Muskeln mit deren Sehnen angewiesen.
Gebe es die Bänder und Sehnen nicht, würde der Oberarm der Schwerkraft folgen. Bezüglich der vorderen und hinteren Instabilität ist jedoch die knöcherne (ossäre) Führung von hoher Wichtigkeit.
Die Bänder des eigentlichen Schultergelenkes (Glenohumeralgelenk) sind Verdickungen in der Gelenkskapsel. Diese bilden zusammen mit dem Knochen und dem sogenannten Labrum die so genannten statischen Stabilisatoren.
Zu den dynamischen Stabilisatoren gehören die Muskeln mit ihren Sehnen (Rotatorenmanschette).

Dieses Bild zeigt eine Ansicht von der Seite auf das Schulterblatt. Der Oberarmknochen ist dabei nicht vorhanden. Dadurch ist eine direkte Aufsicht auf das Schulterblatt und die Gelenkpfanne (Glenoid) möglich. Die weisslichen Strukturen stellen die Kapsel dar. Die Verdickungen der Kapsel sind die Bänder. Die davon äussere Schicht wird durch die Sehnen der Rotatorenmanschettenmuskeln gebildet. [Quelle: Hoppenfeld, DeBoer, Surgical Exposures in Orthopaedics: The Anatomic Approach, 3rd edition, LWW publishers]
Querschnitt durch den Oberarm und des Schulterblattes. Bankart-Läsion des vorderen Labrums. Der rote Pfeil verweist auf den Riss des sogenannten Labrums. Das Labrum stabilisiert die Schulter ringförmig, vor allem jedoch nach vorne und hinten. Hier ist der vordere Anteil des Labrums eingerissen, welches bei Schulterverrenkung auftreten kann.
Ansicht der Schulter von vorne. Sichtbar ist das Labrum, welches im vorderen Anteil (rotmarkiert) gerissen ist. Ebenfalls ist der sogenannte lange Kopf des Biceps sichtbar (weisser geschwungener Strich).
Ansicht der Schulter von unten. Sichtbar ist die Gelenkspfanne das Oberarmkopfes. Gestrichelt rot markiert ist ein eventueller Knochenverlust, welcher bei mehreren Schulterverrenkungen oder bei starken Verrenkungen vorkommen.

Beschwerden des Patienten

Die Beschwerden des Patienten reichen von der kompletten Schulterverrenkung bis zu einer subtilen Subluxation (Teil Verrenkung mit zum Teil „klickendem“ Gefühl).
Dies kann, muss aber nicht mit Schmerzen verbunden sein.

 

Benötigte Untersuchungen

An Untersuchungen werden zumindest Röntgenbilder angefordert. Zudem braucht man ein kontrastmittel-erweitertes Bildgebungsverfahren zur Diagnosesicherung. Dies kann entweder ein MRI (Magnet-Resonanz Imaging = MRT) oder CT (Computertomographie) sein. In manchen Fällen sind auch beide Modalitäten vonnöten, um zum einen die Bänder und zum anderen die knöchernen Strukturen besser zu erfassen.

Diese Zusatzuntersuchungen sind von höchster Wichtigkeit, da nur so zum einen die Pathologie erfasst werden kann und zum anderen die Therapie und ggf. Operation möglichst genau geplant werden kann.

 

Therapieoptionen

Die Therapieoptionen richten sich nach dem klinischen und anatomischen Befund, welcher mittels Zusatzuntersuchungen (bildgebenden Verfahren wie MRI oder CT) erhärtet wird.

Zusammenfassend kann man sagen, dass bei reinen Weichteilverletzungen die knöchernen Strukturen intakt sind und somit eine Weichteilrefixation (Labrum, Limbus) erfolgen kann. Ist der Knochen jedoch abgenutzt oder liegt ein Bruch vor, muss dieser auch adressiert werden.

  • Bei der Weichteilrefixation werden meist Fadenanker benutzt. Diese werden fest im Knochen implantiert und mittels Fäden die Weichteile an ihren ursprünglichen Ort anatomisch zurückgebracht.
  • Bei fehlendem Knochen bzw. Bruch muss bei der knöchernen Augmentation (Aufbau) im vorderen Bereich ein Teil des Schulterblattes (Coracoid) von einer Stelle ca. 1 cm  an eine andere Stelle gebracht. Diese Operation ist mit sehr guten Resultaten ausgewiesen. (siehe Literatur)
Dieses Bild zeigt eine Computertomographie nach der sogenannten Latarjet-Operation bei der ein Teil des Schulterblattes nur ca. 1 cm versetzt wird. Dieses Stück Knochen, an dem noch eine starke Sehne befestigt ist, wir dann mit 2 Schrauben befestigt. Diese sind im zweiten Bild in blau dargestellt.
  • Im hinteren Bereich der Schulter braucht man meist eine Augmentation (Aufbau) mittels Beckenkammspan. (siehe Literatur)

Zurück zum Sport

Entsprechend der Nachbehandlung ist auch die Rückkehr in den Sport unterschiedlich. Es erfolgt stets ein stufenweiser Aufbau.

  • Bei reinen Weichteilrefixationen ist nach der 4-wöchigen Immobilisation zunächst die Beweglichkeit eingeschränkt, diese gilt es dann wieder aufzubauen. Nach ca. 6 Wochen kann das Joggen wieder aufgenommen werden. Physiotherapie beginnt vom ersten postoperativen Tag an. Von der 6. bis zur 12. Woche (3. Monat) sollte dann mit dem Krafttraining begonnen werden (sanft!). Je nach Sportart (Kontaktsportart oder Risikosportart versus Nicht-Kontaktsportart) ist die Rückkehr zum Sport sehr individuell. Bei Nicht-Kontaktsportarten natürlich schneller als bei anderen Sportarten.

In der Regel kann jedoch von einem „return-to-sports“ nach ca. 4-6 Monaten ausgegangen werden.

  • Beim reinen knöchernen Aufbau ist in der Regel die Nachbehandlung deutlich schneller. Dies, da die Knochen-Knochen-Heilung schneller vonstatten geht als die Weichteil-Knochen-Heilung. Hier kann mit joggen schon nach 4 Wochen begonnen werden. Nach 6 Wochen kann sanftes! Krafttraining begonnen werden. Nach ca. 8-12 Wochen kann man dann in der Regel zum angestammten Sport zurück kehren.
 

Arbeitsunfähigkeit (AUF)

Die Arbeitsunfähigkeit hängt sehr von Ihrem Beruf ab.
Wie schon bei der Rückkehr zum Sport, hängt auch die Arbeitsunfähigkeit von der Behandlungsmethode ab:

Sitzender Beruf ohne Tragen von schweren (über 5-10 kg) Gegenständen

Stehender Beruf ohne Tragen von schweren (über 5-10 kg) Gegenständen

Stark körperliche Berufe mit Tragen von schweren Lasten (>10 kg)

  • Reine Weichteilrefixation: ca. 6-8 Wochen
  • Knöcherner Aufbau: ca. 3-6 Wochen

 

  • Reine Weichteilrefixation: ca. 6-8 Wochen
  • Knöcherner Aufbau: ca. 3-6 Wochen

 

  • Reine Weichteilrefixation: ca. (8)-10-12 Wochen
  • Knöcherner Aufbau: ca. 6-8 Wochen